Angesichts eines Krieges in Europa ist das Thema Terrorismus etwas in den Hintergund gerutscht. Trotzdem ist es ein Thema, was auch uns in Deutschland beschäftigt und zwar schon länger als seit 9/11.
Der Terror durch die RAF („Rote Armee Fraktion“) prägte die deutsche Geschichte nachhaltig. Zu diesem Thema war Klaus Pflieger, ehemaliger württembergischer Generalstaatsanwalt, vor den Osterferien am Gymnasium Neckartenzlingen zu Gast, um Schüler:innen der Jahrgangsstufe 2 von seinen Erfahrungen als Staatsanwalt in Zeiten des RAF-Terrorismus zu berichten.
Klaus Pflieger hat die einschneidenden Ereignisse der RAF-Zeit selbst aus nächster Nähe erlebt und konnte so den Schüler:innen einen informativen und lebhaften Eindruck der Vergangenheit vermitteln. Besonders interessant war dabei der Einblick in die juristische Perspektive auf den Terrorismus, sozusagen ein „Blick hinter die Kulissen“ – so war Pflieger beispielsweise Mitglied des Ermittlungsteams zur Untersuchung der RAF-Todesfälle in Stammheim und auch Anklagevertreter in RAF-Prozessen. Auf diese Weise wurde es den Zuhörer:innen ermöglicht, die Verfahren und Vorgehensweisen des Staates gegen Terrorismus besser nachvollziehen zu können. Während des Vortrags konnten die Schüler:innen alle Fragen stellen, die ihnen unter den Nägeln brannten. Klaus Pflieger ging sehr gern, trotz der drängenden Zeit auf alles ein, was die Schüler:innen wissen wollten. Von besonderem Interesse war dabei das Dilemma, in dem sich der deutsche Staat bei der Entführung Hanns Martin Schleyers befand – ist es mit dem Gewissen zu vereinbaren, dass der Staat das Leben einzelner Geiseln aufs Spiel setzt, um sich nicht erpressen zu lassen und sein Gewaltmonopol zu verteidigen? Angesichts heutiger Ereignisse – so z.B. der geplanten Entführung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach – leider weiterhin eine Thema, mit dem sich der deutsche Staat auseinander setzen muss, wenn auch zum Glück gerade nicht akut.
Klaus Pflieger, der mittlerweile im Ruhestand ist, hat zur Thematik des Terrorismus und der RAF auch einige Bücher veröffentlicht. Den Vortrag rundete er dann schließlich mit einem Fazit ab, das er auch in einem seiner Bücher zieht – letztlich sei der RAF-Terror zwar durchaus eine Belastungsprobe für die deutsche Demokratie gewesen, doch habe er gezeigt, dass der Staat dem Terrorismus widersteht und dass die Demokratie so nur gestärkt wurde. Diese Werte der Demokratie gilt es tagtäglich zu stärken und zu verteidigen.
M.-Ch. Haberland